Dante Alighieri

1265 – 1336

 

In Übersetzungen von

Hans Semper

 

 

15.

 

So zarte Huld und Sittsamkeit umfließt

Mein Liebchen, wenn es sich zum Gruße neigt,

Daß jedes Wort im Munde bebend schweigt,

Das Auge schüchtern ihrem Glanz sich schließt.

 

Sie geht und hört, wie sich ihr Lob ergießt,

Indeß ihr holde Scham in’s Antlitz steigt,

Sie scheint ein Wunder, das der Himmel zeigt,

Dem Sterblichen, der seine Gunst genießt.

 

Solch Wohlgefallen weckt sie beim Betrachten,

Daß Süßigkeit vom Aug’ zum Herzen gleitet,

Die nur empfinden kann, wer sie gesehen.

 

Von ihren Lippen scheint ein Hauch zu wehen,

Der solchen sanften Liebesreiz verbreitet,

Daß er die Seele zwingt zu süßem Schmachten!